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Mit allen (Mineral)Wassern gewaschen: Heilbäder lindern Fibromyalgie-Schmerzen

Die Behandlung des Fibromyalgie-Syndroms ist auch heutzutage immer noch eine Herausforderung. Mittlerweile wird diese durch starke Schmerzen in den Extremitäten geprägte chronisch verlaufende Erkrankung jedoch mithilfe multidisziplinärer Behandlungskonzepte therapiert, die gewöhnlich pharmakologische und nicht-pharmakologische Ansätze, abgestimmt auf die individuelle Erkrankungsproblematik des Patienten, beinhalten. Neben regelmäßigen bewegungstherapeutischen Maßnahmen werden begleitend zunehmend auch balneotherapeutische Verfahren eingesetzt, die das Baden in warmem Heil- oder Salzwasser umfassen.
 
Wissenschaftler der Universität Siena untersuchten deshalb im Rahmen einer Doppelblindstudie die Effekte mineralisierter Heilbäder im Vergleich mit dem Baden in Wasser ohne Mineralstoffzusätze auf das Schmerzgeschehen und die Funktionalität von Fibromyalgie-Patienten.[1] 100 Patienten entsprachen den Einschlusskriterien und wurden in die Studie aufgenommen. Die Behandlung wurde in der Levico-Therme, einem Kurort im nördlichen Italien, durchgeführt. Die Intervention bestand aus einem täglichen 15-minütigen Bad in 36 Grad Celsius warmem, schwefelhaltigem und hochmineralisiertem Wasser mit einem hohen Anteil von Kalzium (111 mg/l), Magnesium (65,5 mg/l) und Eisen (315 mg/l), gefolgt von einer anschließenden 15-minütigen Ruhephase.

Als Kontrolle diente ein ebenso temperiertes Leitungswasser ohne Zusätze, das farblich dem mineralisierten Wasser angepasst wurde, um die Studienteilnehmer darüber im Unklaren zu lassen, ob sie der Interventions- oder der Kontrollgruppe angehörten. Die Anwendungen wurden sechs Mal pro Woche über einen Zeitraum von zwei Wochen durchgeführt. Die Inanspruchnahme sowohl medikamentöser als auch nicht-medikamentöser Maßnahmen wie z.B. Sport waren während dieser Zeit erlaubt.
 
Zu Studienbeginn, nach der zweiwöchigen Therapiephase sowie nach drei und sechs Monaten nach Studienbeginn wurden die vorab definierten Zielparameter erhoben. Den primären Endpunkt bildete das per Visueller Analogskala (VAS) gemessene Schmerzgeschehen. Die sekundären Endpunkte bestanden aus der Erhebung verschiedener psychischer und physischer, mit der Erkrankung einhergehender Symptome unter Verwendung diverser Fragebögen. Die Studienteilnehmer wurden angehalten, jeweils 24 Stunden vor den Messpunkten keine Schmerzmittel einzunehmen, um die Messwerte nicht zu verfälschen.
 
Hinsichtlich der Schmerzreduktion sowie der Funktionalität im Alltag konnten bei den Patienten in der Verumgruppe im Vergleich mit der Kontrollgruppe nach der zweiwöchigen Therapiephase statistisch signifikante Verbesserungen erzielt werden, die auch zu den Follow-up-Punkten nach drei bzw. sechs Monaten noch Bestand hatten. Ebenfalls statistisch signifikant zeigte sich die positive Entwicklung bzgl. des Auftretens und der Intensität begleitender, sekundärer Symptome bzw. somatischer Beschwerden wie beispielsweise Depression, Erschöpfung oder Kopfschmerz. Auch hier hielt der Effekt bis zu einem halben Jahr nach der Therapie an. Bedenkliche Nebenwirkungen oder Komorbiditäten traten in der Interventionsgruppe nicht auf, dahingegen beendeten zwei Patienten der Kontrollgruppe ihre Therapie aufgrund einer Verschlimmerung der Symptome.

Einschätzung

Der Aufenthalt in mineralisierten Thermalbädern zeigt sich in der vorliegenden Studie als gut verträgliche, unterstützende Therapiemaßnahme zur dauerhaften Schmerzreduktion und Verbesserung der Funktionalität im Alltag bei Fibromyalgie-Patienten. Wie in der Studie verdeutlicht wurde, bewirken bereits regelmäßig durchgeführte, zeitlich begrenzte Kuren über zwei Wochen eine langanhaltende Linderung der Beschwerden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Thermalwasser über einen hohen Mineralstoffgehalt verfügt, da Mineralien erwiesenermaßen die Bildung freier Radikale hemmen und somit erhöhtem oxidativen Stress, einem der wichtigsten Trigger der Fibromyalgie-Erkrankung, entgegenwirken können. Außerdem wird angenommen, dass Bäder in mineralisiertem Thermalwasser zu einer Reduktion diverser für Schmerz- und Entzündungsprozesse verantwortlicher Mediatoren, wie beispielsweise Interleukin (IL)-1, Prostaglandin F2 und Leukotrien B4, führen. Darüber hinaus wirkt sich die hohe Konzentration von Magnesium positiv auf das oft bei Fibromyalgie-Patienten zu beobachtende Magnesium-Defizit aus.

Da jedoch 95% der Studienteilnehmer Frauen waren, ist eine Übertragung der Ergebnisse nicht oder nur bedingt auf männliche Patienten möglich. Die ungleiche Verteilung spiegelt jedoch die Realität wieder, da die Erkrankungsrate 7 zu 1 (Frauen zu Männer) beträgt. Zukünftige Untersuchungen sollten dies berücksichtigen und außerdem eventuell eine aktive balneotherapeutische Intervention wie beispielsweise Moorbäder als Kontrolle in Erwägung ziehen.

Literatur

1) Fioravanti A, et al. Is balneotherapy effective for fibromyalgia? Results from a 6-month double-blind randomized clinical trial. Clin Rheumatol 2018; 37: 2203-2212 

Quelle: Autorin: Daniela Hacke M.A., Karl und Veronica Carstens-Stiftung, Essen, September 2018