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Carstens-Stiftung unterstützt Suche nach Post-COVID-Therapien

Mit insgesamt 600.000 EUR fördert die Carstens-Stiftung zwei Forschungsprojekte, die wirksame Therapien beim Post-COVID-Syndrom identifizieren sollen. Überprüft werden Yoga, Gesundheitsedukation, Akupressur und Qi-Gong. Beteiligt sind zwei wissenschaftliche Teams um Priv.-Doz. Dr. Holger Cramer, Evang. Kliniken Essen-Mitte (KEM), und Dr. Joanna Dietzel, Charité Berlin. Die Ergebnisse werden in drei Jahren erwartet.
 
Obwohl weltweit akribisch Daten erhoben werden, bleibt COVID-19 in vielen Aspekten noch ein Rätsel. Einer dieser Aspekte ist das Post-COVID-Syndrom: Menschen, die die Erkrankung durchgemacht haben, berichten nach Abklingen der Primärsymptomatik über fortbestehende Beschwerden, allen voran Fatigue, d.h. anhaltende körperliche wie geistige Erschöpfung. Zu weiteren Symptomen zählen Schmerzen, Atemnot und Depression. Die WHO schätzt, dass etwa 10% der Infizierten 12 Wochen nach der Infektion von Post-COVID betroffen sind. (1) Das sind allein in Deutschland 400.000 Menschen. Besonders nach schweren Krankheitsverläufen könnte diese Zahl aber auch weitaus höher, bei bis zu 80%, liegen. (2) "Wir haben es also mit einem akuten und weltumspannenden Problem zu tun", sagt Nicole Germeroth, Geschäftsführerin der Carstens-Stiftung. "Mit unserer Förderung möchten wir vielversprechende Lösungsansätze der Integrativen Medizin validieren."

Yoga und Gesundheitsedukation
 
Einer dieser vielversprechenden Lösungsansätze ist Yoga als Kombination aus sanften Bewegungsformen und meditativen Atemübungen. Regelmäßige Bewegung hat sich bereits bei der Behandlung von Fatigue im Rahmen anderer Erkrankungen als effektiv erwiesen; bei Krebs-assoziierter Fatigue ist Yoga sogar das effektivste nicht-pharmakologische Verfahren. "Es sind positive Wirkungen von Yoga auf Erschöpfung, Schmerzen, Schlafstörungen und Depressionen gezeigt worden. Im Kontext von Post-COVID könnten Proband*innen mit Luftnot von den Atemübungen zusätzlich profitieren", so Priv.-Doz. Dr. Holger Cramer, Forschungsleiter in der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Evang. Kliniken Essen-Mitte (KEM). In Kooperation mit der Charité Hochschulambulanz für Naturheilkunde am Immanuel-KrankenhausBerlin wird er eine randomisierte, einfach verblindete Studie mit zwei Armen durchführen.
 
50 Proband*innen mit Post-COVID-Syndrom werden einmal wöchentlich Yoga-Gruppenstunden von je 90 Minuten erhalten. Diese beinhalten Yoga-Haltungen (asanas), Atemtechniken (pranayama) und Entspannungsmomente. Ergänzt wird dieses Programm durch eine Yoga-App für das Smartphone. Zweimal pro Woche sind obligatorisch jeweils 30 Minuten digitale Yoga-Einheiten vorgesehen.
 
50 weitere Proband*innen werden dagegen einmal in der Woche 90-minütige Kurse zur Gesundheitsedukation erhalten. Dabei handelt es sich um Vorträge und Diskussionsrunden zu Themen wie Selbsthilfe bei postviralen Beschwerden, Stressmanagement, Schlafhygiene, Bewegung usw. Diese Gruppe erhält ebenfalls Zugang zu einer App, welche Hinweise vermittelt, wie sich die gesundheitsfördernden Strategien im Alltag umsetzen lassen.
Die Dauer der jeweiligen Intervention beträgt in beiden Gruppen 12 Wochen. Direkt im Anschluss sowie ein weiteres Mal nach 24 Wochen werden die Ergebnisse, insbesondere die Auswirkung auf die Fatigue, miteinander verglichen.
 
Akupressur und QiGong
 
Das zweite Forschungsprojekt ist an der Hochschulambulanz für Naturheilkunde der Charité Mitte in Berlin angesiedelt und wird von einem Forscher*innen-Team um Dr. Joanna Dietzel durchgeführt. Im Vorfeld fand eine Evaluation mit Expert*innen für Fatigue, Neuroimmunologie, klinische Naturheilkunde sowie Betroffenen von Post-COVID statt. Dr. Joanna Dietzel hierzu: "Die meisten Betroffenen erleben Atemübungen, Meditation, Dehnübungen – diese drei finden sich im QiGong vereint – sowie Akupressur als besonders hilfreich. Daher gehen wir genau diesen Verfahren in einer randomisierten, kontrollierten Mixed-Methods-Studie auf den Grund, ergänzt um den verstärkenden Aspekt der Selbstwirksamkeit."
 
100 Proband*innen mit Post-COVID werden per Video vermittelte Anleitungen für die tägliche Selbst-Akupressur an neun Punkten erhalten, kombiniert mit einer online angeleiteten QiGong-Übungsserie. Die Dauer der Akupressur soll am Tag 20 Minuten betragen, der QiGong-Kurs wird zweimal in der Woche mit einer Dauer von 30-45 Minuten stattfinden. Die Proband*innen werden außerdem angehalten, mindestens einmal pro Woche zusätzlich eigenständig QiGong zu praktizieren. Außerdem erhalten sie Ratgeberliteratur zum Thema. Die Kontrollgruppe mit weiteren 100 Proband*innen wird während der Studie zum Vergleich die naturheilkundliche Ratgeberliteratur erhalten und nach Abschluss der Datenerhebung die anderen beiden Interventionen.
 
Die Dauer der jeweiligen Intervention beträgt acht Wochen, nach weiteren acht Wochen findet eine Nachbeobachtung statt. Das Besondere am Mixed-Methods-Ansatz: es werden nicht nur objektive Parameter zur Wirksamkeit auf die Fatigue sowie Nebenparameter wie Schmerzen, Atemfunktion oder Depressivität erhoben, sondern auch die subjektive Einschätzung der Proband*innen. Hierzu werden in beiden Gruppen qualitative Interviews geführt, die Aufschluss über relevante Aspekte des Erlebens von Post-COVID als relativ neue Erkrankung liefern und zur Optimierung der Therapie im Real-Life-Setting beitragen werden.

Ausblick
 
Aufgrund der Bedeutung des Themas und der aktuellen Situation wird die Carstens-Stiftung Anfang 2022 zusätzliche Fördermittel für weitere Forschungsprojekte zur Verfügung stellen, um die Suche nach geeigneten Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen von Post-COVID zu intensivieren.

Quelle: Karl und Veronica Carstens-Stiftung, Essen, 27.10.2021