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G-BA-Entscheidung zu DMPs: Psychische Erkrankungen weiterhin vernachlässigt

In ihrem Koalitionsvertrag kündigten die Regierungspartner Ende 2013 die Entwicklung weiterer Disease-Management-Programme (DMPs) für Krankheiten mit besonders großen Versorgungsproblemen an – unter anderem für Rückenleiden und Depression. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nun entschieden, die Entwicklung neuer strukturierter Behandlungsprogramme für vier Krankheitsbilder zu prüfen – Depressionen befinden sich nicht darunter. Die DGPPN fordert angesichts der drängenden Versorgungslage: Schluss mit der Vernachlässigung psychischer Erkrankungen!

„Die strukturierten Behandlungsprogramme für chronisch Kranke werden weiterentwickelt; neue Programme sollen entwickelt werden für die Behandlung von Rückenleiden und Depressionen“, lautete der Auftrag der Koalitionspartner an den dafür zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss. Dieser hatte im Februar 2014 die medizinischen Fachgesellschaften aufgerufen, entsprechende Vorschläge einzureichen. Die DGPPN hat einen umfassenden Antrag für eine DMP Depression seinerzeit vorgelegt.

Am vergangenen Donnerstag hat der G-BA in Berlin bekannt gegeben, rheumatoide Arthritis, chronische Herzinsuffizienz, Osteoporose und Rückenschmerz auf ihre Eignung für strukturierte Behandlungsprogramme zu prüfen. Laut Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses „Disease-Management-Programme“, bedeute die Entscheidung weder, dass für die genannten Erkrankungen zwangsläufig DMPs entwickelt werden – noch, dass keine weiteren Vorschläge geprüft werden. Ein DMP Depression jedoch wird es vorerst nicht geben.

Der G-BA begründete seine Entscheidung gegen eine DMP Depression damit, dass momentan die Richtlinie-Psychotherapie überarbeitet werde: „Es wäre handwerklich dumm, gleichzeitig an der Richtlinie und an einem strukturierten Behandlungsprogramm zu arbeiten“, wird der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken zitiert. Des Weiteren hieß es beim G-BA, dass keine evaluierten Selbsthilfeprogramme für Depressionspatienten vorlägen und es international wenig Erfahrung mit DMPs bei dieser Indikation gäbe – beides gesetzliche Vorgaben zur Entwicklung strukturierter Behandlungsprogramme.

Die Begründung des G-BA gibt indes nicht den Stand der internationalen Forschung wieder. „Bei einer leichten depressiven Symptomatik wird in internationalen Leitlinien der Einsatz von niederschwelligen psychosozialen Interventionen wie „angeleitete Selbsthilfe“ empfohlen und auch bei schwer belasteten Patienten sind diese Interventionen von Relevanz. Außerdem liegt insgesamt eine Vielzahl unterschiedlicher evidenzbasierter Konzepte und Anwendungsmöglichkeiten von Psychoedukation bei Depression vor“, berichtet Professor Wolfgang Maier, Präsident der DGPPN und Mitautor des Antrags für ein DMP Depression. Insgesamt zeige die internationale Evidenz, dass die Behandlung depressiver Patienten in innovativen Versorgungsnetzen auf mehreren Ebenen zu positiven Ergebnissen führt: „Neben einem langfristig verbesserten Behandlungsergebnis sind auch aus gesundheitsökonomischer Perspektive günstige Effekte zu erwarten, denn die Kosten für psychische Erkrankungen werden durch die Einführung optimierter Versorgungsprogramme reduziert“, so Professor Maier weiter.

Die Entscheidung des G-BA ist schwer nachvollziehbar, hatte doch erst im Frühjahr auch der „Faktencheck Gesundheit“ der Bertelsmann Stiftung den dringenden Handlungsbedarf bei der Versorgung von Menschen mit Depressionen deutlich gemacht: zwischen 2010 und 2012 wurden mehr als die Hälfte der schwer Depressiven unzureichend behandelt, 18 Prozent erhielten gar keine Behandlung. Angesichts dieser Daten wäre die Entwicklung eines strukturierten Versorgungsprogramms für Menschen mit depressiven Erkrankungen ein wichtiges politisches Signal gewesen. Die DGPPN fordert deshalb Politik und Gemeinsamen Bundesausschuss zu geeigneten Maßnahmen auf, die Vernachlässigung psychischer Erkrankungen endlich zu beenden und die Versorgung der betroffenen Menschen nachhaltig zu verbessern. Ein DMP Depression wäre hier ein richtiger Weg.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) vom 28.08.2014